Alleinbleiben - keine Selbstverständlichkeit
Ein Erfahrungsbericht

Der richtige Rahmen fürs Alleinbleiben – Eine Herausforderung für viele Hunde
Allein zu bleiben, ist für viele Hunde alles andere als selbstverständlich. Während einige Hunde bellen, jaulen oder fiepen, wenn sie allein sind, räumen andere die Wohnung um oder warten still leidend vor der Tür. Es ist eine Situation, die sowohl für den Hund als auch für den Besitzer oft sehr belastend ist.
Ein persönlicher Erfahrungsbericht: Pancho, Foxi und Paddy
Mein erster Hund, Pancho, hat mir deutlich gezeigt, wie schwer es für manche Hunde ist, allein zu bleiben. Innerhalb von fünf Minuten hatte er den Boden samt Bodenleisten rausgerissen und die Tür zerkratzt. Auch draußen konnte er es kaum ertragen, wenn ein Zaun zwischen uns war – er sprang ohne Zögern über den 1,20 Meter hohen Zaun. Wir mussten das Alleinbleiben trainieren, als berufstätige Menschen hatten wir keine andere Wahl.
Mit der Zeit lernten Pancho und auch mein anderer Hund Foxi, entspannt allein zuhause zu bleiben. Sie haben es durch kleinschrittiges Training gut erlernt. Aber dann kam Paddy.
Wer uns kennt oder auf Facebook verfolgt hat, weiß, dass unser Start alles andere als einfach war. Paddy kam mit einem großen Paket an Schmerzen und Stereotypien zu uns, die intensive Behandlung und Training erforderten, damit er sich überhaupt auf ein normales Leben einlassen konnte. Paddy wuchs in einer Umgebung auf, die ihn stark einschränkte – er lernte kaum etwas kennen und zeigte bis heute autistische Züge. Menschen und Hunde im Nahkontakt sind für ihn eine enorme Herausforderung. Eine Ärztin gab mir sogar schriftlich, dass er nie mit mehr als einem Menschen zusammenleben könne.
Im ersten Jahr war es für Paddy unvorstellbar, sich in der Nähe von anderen Hunden oder Menschen zu entspannen. Zum Glück hatten wir die Möglichkeit, auf eine andere Wohnung im Haus auszuweichen, damit er sich zunächst nur an mich gewöhnen konnte – selbst das war schon schwierig genug.
Nachdem Paddys Schmerzen lokalisiert und er auf Schmerzmedikamente eingestellt war, konnten wir nach über einem Jahr langsam in die Wohnung ziehen. Er war inzwischen 1,5 Jahre alt, und ich wagte den ersten Versuch mit dem Alleinbleiben. Doch es funktionierte nichts.
Mein Bauchgefühl sagte mir, dass Paddy noch nicht den richtigen Rahmen hatte, um das Alleinbleiben zu lernen. Er sprang immer wieder zur Tür, auf die Kommode und bellte unaufhörlich, obwohl ich direkt in seiner Nähe war. Er wollte einfach nur raus aus der Wohnung, weg von den vielen Reizen, die ihn überwältigten.
Paddy musste zuerst „Wohnung“ lernen – sich überhaupt und auch in einem Raum entspannen können, dann in weiteren Räumen. Dabei waren die Auslöser wie andere Menschen und Hunde immer noch präsent, wenn auch nicht in seinem direkten Umfeld.
Erst als Paddy sich frei in der Wohnung bewegen und entspannen konnte und nach der erfolgreichen Behandlung seines Herzwurms fast schmerzfrei war, konnten wir mit dem Alleinbleibtraining beginnen. Paddy ist jetzt 2,5 Jahre alt.
Den richtigen Rahmen finden
Die Vorbereitung für das Alleinbleiben begann schon früh: Mit einem speziellen Entspannungsduft am Halsband, der Verwendung eines Relaxopets und der Schaffung einer „Safty Zone“, einer Ecke im Wohnzimmer, die Paddy sich selbst als Rückzugsort ausgesucht hat und die weder von Hund noch Mensch gestört werden darf.
Als der richtige Rahmen für Paddy gegeben war, klappte es auch mit dem Alleinbleiben. Die anderen beiden Hunde sind währenddessen im Flur oder Schlafzimmer, und Paddy kann selbst entscheiden, ob er Kontakt haben möchte oder nicht. Bisher haben wir es geschafft, dass er zur Abendzeit eine Stunde alleinbleiben kann. Jetzt arbeiten wir daran, dass er auch zu anderen Tageszeiten entspannt allein sein kann.
Was gehört alles zu diesem Rahmen?
- Schmerzfreiheit als oberstes Gebot
- Bedürfnisbefriedigung und freie Bewegung
- ausreichend optische und olfaktorische Stimulation
- Emotionales Gleichgewicht
- Zufriedenheit
- Entspannungs- & Ruhezeiten
- Sozialkontakte zu Mensch und Hund, sofern gewünscht
- Viele Wahlmöglichkeiten (beginnend bei den Liegeplätzen)
- Netter, fairer und angstfreier Umgang
Wenn dieser Rahmen für deinen Hund passt, kann mit dem Alleinbleibtraining begonnen werden. Vorher macht es meist wenig Sinn.
Und: Es gibt kein Schema F, das für jeden Hund passt. Jedes Training muss individuell auf das Mensch-Hund-Team abgestimmt werden.
Für Welpen/Junghunde, bei denen das Alleinbleibentraining von Beginn an gut vorbereitet werden kann, ist das Training meist wesentlich leichter.
Alleinbleiben ist keine Selbstverständlichkeit, sondern muss erlernt werden. Es ist eines der sensibelsten Themen im Hundetraining, daher ist Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt.

Ich bin Brigitte Zwengel und lebe mit meinem Mann und meinen drei Hunden in Alheim. 2015 ist Pancho (Welpe/Junghund) bei uns eingezogen, seitdem setze ich mich intensiv mit dem Thema Hund und Hundeausbildung/-Hundetraining auseinander. Mein Rüde stellte mich immer wieder vor neue Herausforderungen, die wir gemeinsam als Team bewältigt haben. Inzwischen meistert er hervorragend unseren Alltag und wir haben unsere Leidenschaft für sinnvolles Spiel, Spaß und Beschäftigung gefunden. 2021 ist unser dritter Hund aus dem Tierschutz eingezogen und auch dieser Hund bringt viel Gutes mit aber auch vieles, was in geordnete Bahnen gelenkt werden soll/muss, mit. Das Alleinbleiben mussten alle drei Hunde erst lernen.
Mein Wissen gebe ich heute als Inhaberin von FAIRBINDUNG und als Hundetrainerin gerne weiter.
Fairbindung's-Blog (fairbindung-mensch-hund.de)
Sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für zuhause findest Du hier:
Lebenslust statt Lebensfrust - Beschäftigungen im Hundetraining (fairbindung-mensch-hund.de)
Wenn Du Fragen Training an lockerer Leine hast, schreibe mir gerne eine Email an:
info@fairbindung-mensch-hund.de
Fairbindung's Blog




